Zum Inhalt springen

Gravelbikes – Mensch entscheide dich! Oder nicht?

Der Zeit-Online-Autor Zacharias Zacharakis hat einen unterhaltsamen Artikel über den Unsinn von Gravelbikes geschrieben: „Der große Trend des Fahrradsommers heißt Gravel Bike, ein unwürdiger Abkömmling des guten alten Rennrads. Es passt hervorragend in eine Welt des Wedernoch.“ Nachzulesen hier.

Da ich mir schon länger Gedanken über Sinn und Unsinn der vielen Fahrräder mache, die ich im Keller habe (vgl. auch die dritte Strophe meines Leedes „Singe, danze, schloofe“ ab 1:15), habe ich darauf folgende Erwiderung geschrieben.

Niemand muss sich ein Gravelbike kaufen. So was braucht kein Mensch. Aber erstaunlicherweise macht so ein Fahrrad dann doch extrem viel Freude. Ich habe seit 10 Monaten so ein unnützes Gefährt, bin seitdem damit über 3000 km gefahren. Für Menschen, die nicht hinreichend Fahrradverrückt sind, ist der Preis von ca. 4500 € für ein Fünft-Rad (was dann noch nicht einmal aus Carbon ist!) nicht nachvollziehbar: Ja, ich besitze und nutze ein Rennrad, ein Race-Mountainbike, was genauso leicht ist wie das Gravelbike, ein vollgefedertes MTB, ein Reiserad (was eigentlich ein mit Gepäckträgern und Beleuchtung, dafür aber etwas schmaleren Reifen und kommoderer Sitzposition ausgestattetes Gravelbike ist). Selbstverständlich habe ich noch mehr Räder in Keller und Garage.
Aber warum dann dieses Gravelbike? Es hat fast genau die gleiche Sitzposition wie das Rennrad, ist 1,5 kg schwerer, hat das gleiche Gewicht wie das Race-MTB und zusätzlich noch eine große Schnittmenge mit dem Reiserad.
Ich fahre damit, wenn das Wetter schlecht ist. Wenn viel Wind ist, ich aber Lust auf Rennradfahren habe und mich auf Waldwegen vor dem Wind verstecken will. Wenn ich einfach ruhig und entspannt fahren möchte. Wenn ich Lust auf neue Strecken habe und noch nicht weiß, wie der Untergrund ist. Wenn ich ausgeschilderten Radwegen folge. Ein sehr vielseitiges Rad, was eine Rennradsitzposition mit der entsprechenden Langstreckentauglichkeit mit den Eigenschaften eines ungefederten MTBs verbindet.

Und natürlich bin ich auch mit dem MTB schon Touren mit 100 km gefahren (MTB-Marathons) oder mit dem Rennrad auf Waldwegen eingebogen. Beides ist kein echtes Vergnügen. Mit dem Gravelbike ist aber sowohl Asphalt als auch Wald und Schotter einfach nur eine Freude. Es ist näher am Rennrad als am MTB.
Zum Reisen ist es eine spartanische und ultraleichte Versuchung. Die komplette Ausstattung für einen mehrwöchigen Fahrradurlaub packe ich natürlich auf das Reiserad. Das sind dann auch über 20 kg mit Zelt, Kochzeug etc. Aber eine 8 kg Ausrüstung für einen „overnighter“ hat einen eigenen Charme. Rucksack ist deutlich unbequemer. Hat aber auch seine Berechtigung, ich bin 10x bereits mit dem MTB über die Alpen gefahren, das geht auf technischen Trails nur mit Rucksack.

Also: danke für den unterhaltsamen Artikel, der aber in meinen Augen keinerlei echte Auseinandersetzung und insbesondere ErFAHRung mit dem Thema „Gravelbike“ zeigt. Das ist, als würde ich über E-MTB schreiben. Die Dinger find ich so richtigen Mist. Hab sie aber noch nicht ausprobiert. Und befürchte, dass sie mir extrem gute gefallen könnten, wenn ich es irgendwann mal teste.
Lieber Herr Zacharakis – vielleicht doch mal testen? Wenn Sie ca. 190 groß sind lade ich Sie gerne zur Probefahrt ein.

3 Gedanken zu „Gravelbikes – Mensch entscheide dich! Oder nicht?“

  1. Schön und zutreffend geschrieben! Ich habe zwar kein Gravelbike sondern „nur“ einen Crosser, aber die Sichtweise ist die gleiche.
    Der Seitenhieb zum E-MTB hätte von mir sein können. Es gibt sie halt die Dinge, von denen man schon vorher weiß, dass sie einem nicht gefallen – man sich aber dann doch nicht traut, sie auszuprobieren. Angeln zum Beispiel. Oder Stand-Up-Paddeln. Oder ein Besuch in der Oper… ;

  2. Hi Martin, schön geschrieben!
    In Zeiten von immer mehr (Auto-) Verkehr und anhaltend bescheidener Rad-Infrastruktur hat ein Rennrad mit breiten Reifen (32-35-38-40 mm) plus gemäßigter Sitzposition definitiv seine Berechtigung. Man ist in der Routenwahl einfach flexibler!
    Und fürs „grobe“ Gelände oder schnelles Geläuf gibt es ja die passenden Räder im Keller! 😎

Schreibe einen Kommentar zu Martin Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert