Tja, warum singe ich meine Leeder in einer Sprache, die ich noch nicht mal flüssig und sicher beherrsche?
Gut – diese Frage kann man auch jedem nicht Muttersprachler stellen, der in der Weltsprache der Musik schreibt, in Englisch. Da sind die Argumente bekannt: man wird weltweit verstanden, in Englisch kann man viel einfacher schreiben als auf Deutsch,…
In meinen Augen sind das sehr oft Scheinargumente: ein nicht poetischer Text wird durch die Unverständlichkeit in seiner Trivialität vielleicht nicht ganz so schnell entlarvt, vor allem, wenn man ihn nuschelt. Schrecklich wird es dann, wenn man jedes Wort versteht. Ich verzichte ganz bewusst auf die Nennung von Beispielen, auch wenn mir einige im Kopf herumschwirren. So viel schlimme Texte!
Gegenbeispiel gefällig: Lies dir mal den Text von Eleanor Rigby von Paul McCartney durch. Das ist sensationell. Eine Geschichte in wenigen Zeilen erzählt, auf den Punkt, ein Schlag in die Magengrube. Oder mein erstes großes Vorbild als Singer und Songwriter, Cat Stevens: (fast) jedes Lied ein Treffer.
Mein Ziel ist es, Geschichten in 3-5 Minuten zu erzählen. Kosmen zu eröffnen, den Gedanken und vor allem Gefühlen Raum zu geben. Klar gelingt das nicht immer und nicht für jeden. Aber wenn es gelingen soll, dann muss ich in der Sprache meines Herzens schreiben, in der Sprache, in der die zärtlichen Gefühle gefühlt sind. Und das ist bei mir dann die rheinische Sprache. Auch wenn das nur eine ganz kleine Minderheit der Menschen versteht. Aber für diese sind meine Lieder vielleicht ja genau richtig.
Fritz Langensiepen schreibt im Vorwort zum Mundartwörterbuch von H.J. Kesternich „Woat füe Woat“, dass „[…] die Hochsprache in regionalen und emotionalen Zusammenhängen längst nicht alle sprachlichen Bedürfnisse abdeckt. Sprache ist nicht nur ein Code für Informationsübermittlung. Es geht um Individualität, emotionale Welten, um lokales Selbstbewusstsein, um Verbundenheit, um Identität, um nicht völlig der globalen Gleichmacherei anheim zu fallen.
Genau so!
Martin Sina, 18.01.2021